Kafka/Kelte, 5., 6., 7., 8., 9., 10. & 11. Einspruch

5. Einspruch

Koslowski, im Film immer Kos genannt, rannte auf seiner Insel auf und ab. Da half kein Kelte und kein Motorrad, in der Sinuskurve alphabetisierend.

6. Einspruch

Großhaft konsistent erkundete der Kelte die Landschaft. Zum Schloß schaute er nur kurz, er wollte keinen Eingang finden, das Tor in den Schoß zurück kam in keinen Vertausch gegen die Landstraße. Im Dorf machte er keinen Halt, so entging ihm der Brückenwirt und der Herrenhof.

7. Einspruch

Badeszenen ergingen sich in Vermächtnissen.

8. Einspruch

Auf der Straße sich mit dem Motorrad aufhaltend gegen zirkulierendes Dorfleben. Die Frau stieg kurz vor dem Platz auf, sich in seinen Oberkörper verkrallend. Sie wurde Teil des technohumanen Fahrverbundes. Er erzählte ihr vom Dicken, vom Grab, vom Schloß, vom Dorf und vom Fahren.

9. Einspruch

Nun erzählte sie, direkt aus der Schule kommend, vom Brennholz als Zaun und dem Katheder als Esstisch. Eins war das andere und wieder zurück.

10. Einspruch

Sie fuhren direkt auf das Hügelgräberfeld zu. Rauf, weiter auf ein anderes. Oben saßen lustige Figuren, Hanswurste allesamt, als Abschluß auf jedem Grabhügel. Teilnahmslos, hin und wieder eine Bewegung setzend, das Motorrad zögernd wahrnehmend. Die Kälte der einzelnen Hügel war durchdringend, wenn auch unterschiedlich. Der Kelte fuhr mit gesteigerter Geschwindigkeit gegen die Hügel an. Nie bis an die Spitze, da bog er lachend vorher ab. Die Frau wagte das Ausstrecken der Füße. Nie kollerten sie. Der Hügelgräber-Parcour des Kelten, in allen Gas- und Bremsvarianten, die Kelten waren die Toten.

11. Einspruch 

Ihnen war warm und das Wildschwein querte von rechts die Fahrbahn. Ein knappes Zeichen. Zügig wischte der Asphalt unter ihnen hinweg, unfertige Häuser – denn immer sind Häuser unfertig – zu beiden Seiten der Straßen. K. war ein gutes Stück weitergekommen.

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Kafka, Löwy/Triesch & Wien

„In der Endphase seiner Gymnasialzeit dürfte Kafka zum ersten Mal Wien gesehen haben. Daß es diese Reise überhaupt gab, wird lediglich durch eine Tagebuchnotiz belegt […]. Die wahrscheinlichste Vermutung ist, daß sein Lieblingsonkel Dr. Friedrich Löwy, Landarzt im mährischen Triesch (Třešť), der Wien besonders liebte und gern besuchte, seinen Neffen zu einer gemeinsamen Reise in die Metropole eingeladen hatte, auf der dieser einen Eindruck von den Wiener Hauptsehenswürdigkeiten erhalten haben dürfte […]. Es dürfte sich um einen Wochenendausflug während der Sommerferien gehandelt haben, die Kafka als Schüler und Student teilweise bei seinem Onkel zu verbringen pflegte. Daß die beiden tatsächlich gemeinsam reisten, belegt der Umstand, daß sie sich im August 1901 zusammen in Helgoland und Norderney aufhielten.“

Hartmut Binder: Kafkas Wien. Portrait einer schwierigen Beziehung, 2013

Im Škoda Museum, Mladá Boleslav/Jungbunzlau …

„Der deutschsprachige Prager jüdische Schriftsteller Franz Kafka hat in seiner Novelle Die Verwandlung die absurde Veränderung in ein im Chitinpanzer gefangenes Individuum, einen Käfer etwa, anschaulich beschrieben. Im selben kulturellen Umfeld inspirieren die Deckflügel der Insekten den Konstrukteur und Ingenieur Ferdinand Porsche, gebürtig aus Liberec, zur Erfindung des legendären Käfers.“

Zu den Fahrenden, allgemein:

„Es ist merkwürdig, daß die am Rande der ‚guten‘ Gesellschaft lebenden Fahrenden gerade für intellektuelle Bürger, Dichter und Literaten von oft ungemein großer Faszination sind. Dies hängt wohl mit dem Freiheitsprinzip zusammen, mit dem man Ganoven und Fahrende oft verbindet; schließlich wissen sie sich der bürgerlichen Ordnung, die sozialen Druck für den einzelnen bedeutet, geschickt zu entziehen.“

Roland Girtler: Rotwelsch. Die alte Sprache der Gauner, Dirnen und Vagabunden. 2., erweiterte Auflage. Wien, Köln, Weimar, 2010/1998.

„Mehltau“ über der Corona-Gesellschaft

Die unten konstatierte Energielosigkeit („Nur Sprit, kein Spirit“) scheint nicht individuell zu sein, – „Wenn meine Beobachtung zutrifft, dass viele jetzt das Gefühl haben, durch die tendenzielle Isolation ihre Energie verloren zu haben, dann bestätigt das nur die Vermutung, dass die Quelle, welche die Bewegungsenergie der Moderne erzeugt, nicht in den Individuen liegt, sondern in den sozialen Wechselwirkungen zu suchen ist.“ – Hartmut Rosa

Und: Der Soziologe Thomas Alkemeyer bringt den vitalen Ausbruch von Protestenergien (Floyd, Motorradfahrverbote) nach dem Lockdown mit dem „Mehltau“, also dem Herunterfahren von Energie in Verbindung, um so zu einer Erklärung für die eruptiven Äußerungen zu kommen. – link

gänge

Ich komm nicht in die Gänge, einer Öffnung folgt eine Schließung, innen clustered Corona, ginge es nach mir, würden Maske/Abstand/Desinfektion reichen, der Gang zum Motorrad ist gangbar, doch Corona gängelt, wie eine Hydra zieht es seine Runden, ich sehe vom Gang das Motorrad, und es scheint gegangen. Nur Sprit, kein Spirit.